RE: Weihnachtsvorbereitungen unter besten Freunden

#1 von Petra-Andreas , 04.12.2012 16:03

Sonntag, 21. Dezember
04:32 Ortszeit
Macs Appartement, Washington DC


Verschlafen öffnete Harm ein Auge. Ungewohnt tiefe Dunkelheit umgab ihn. Er lag eindeutig nicht in seinem eigenen Bett – dorthinein schimmerte nämlich die Straßenlaterne vor seinem Appartementhaus.

<Wo bin ich?> Er öffnete auch das zweite Auge. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Sein Blick fiel auf eine Tür, die er ebenfalls nicht einordnen konnte. Er sah auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach halb 5 Uhr in der Früh. <Oh Mann...>

Plötzlich ging besagte Tür auf, und im Lichtschein erkannte er Macs Silhouette. <MAC? Was macht SIE hier?>

Er war zu träge, um den Kopf zu heben. „Bist du das, Mac?“ murmelte er ins Kissen.

„Schsch...“ machte sie. „Schlaf weiter... es ist noch früh.“ Als sie sich wieder hinlegte, bewegte sich „seine“ Matratze. <Hä?>

Er runzelte die Stirn und kippte auf den Rücken. „Mac?“

„Ja?“

„Was... wo... ähm... wo sind wir?“

„Bei mir.“ erwiderte sie leise.

Er drehte sich vollends zu ihr. „Bei dir?“

„Jupp.“

„Was... hm... was mache ich in deinem Bett?“

Sie musste grinsen. „Schlafen.“

„Schlafen... aha...“ Er war immer noch desorientiert. <Was mache ich in ihrem Bett? Haben wir etwa...?> Er sah sich vorsichtig nach irgendwelchen Anzeichen um, ob „es“ vielleicht passiert sein könnte. Zu seiner Erleichterung entdeckte er jedoch nichts Verfängliches. Er hatte seinen Schlafanzug an, und auch an Macs Arm konnte er den Stoff ihres Pyjamas erkennen. „Wieso... hm... wieso liege ich in deinem Bett?“

Zuerst antwortete ihm nur ein leises amüsiertes Glucksen. Dann jedoch erklärte sie ihm, warum er in ihrem Bett lag.

„Vor 2 Stunden und 37 Minuten habe ich Durst bekommen und in der Küche etwas getrunken. Dabei habe ich aus dem Wohnzimmer dein Stöhnen gehört. Du hast zwar geschlafen, warst aber ziemlich unruhig. Meine Couch ist wohl doch ein bisschen kurz für dich.“ Sie grinste. „Also hab ich dich zu mir ins Bett geholt – was gar nicht so einfach war.“

„Ahaaa.“ machte er gedehnt, als würde er alles verstehen, und gähnte. „Sorry.“

„Schon gut.“ Sanft strich sie mit einem Finger über seine raue Wange. „Schlaf jetzt weiter.“

Er drückte seinen Kopf wieder tiefer ins Kissen. „’Kay.“ murmelte er und schlief schon bald wieder tief und fest.

Mac hingegen war es gewohnt, zu dieser frühen Stunde wach zu sein. Sie betrachtete ihn noch eine Weile. Ungewohnt dunkel schimmerten seine Wangen vom nächtlichen Bartwuchs; sein Gesicht war vollkommen entspannt. Sie beugte sich vor und hauchte einen kaum spürbaren Kuss auf seine Nasenspitze. Schließlich wurde auch sie wieder müde und schlief kurze Zeit später ein.

#

Kurz vor 9 Uhr erwachte Harm dann richtig. Mit noch geschlossenen Augen reckte und streckte er sich. Um seine Taille und an seiner linken Seite fühlte er einen ungewohnten Druck.

„Mhm.“ brummte es plötzlich.

Er öffnete die Augen. Im Zimmer herrschte diffuses Dämmerlicht. Die Vorhänge waren zwar noch zugezogen, aber es war immerhin richtig hell draußen. Sein Blick fiel auf einen dunklen Haarschopf, der auf seiner Brust lag.

„Hey.“ wisperte er.

„Hmpf.“ Macs Arm packte stärker zu.

„Guten Morgen.“

Erneut antwortete ihm ein „hmpf“.

„Sarah?“

„Mhm?“

„Bist du wach?“

Sie wusste das selbst nicht so genau. Ihre innere Uhr sagte ihr, dass sie zwar wach wurde bzw. wach war; Harms warmer Körper konnte aber doch nur im Traumland neben ihr liegen. „Hm.“ brummte sie daher undefinierbar.

„Mac, ich...“ Harm versuchte, ihren Arm von sich zu schieben. Ein „dringendes Bedürfnis“ trieb ihn aus dem Bett.

„Nicht.“ Der Druck ihres Armes wurde noch stärker. Sie genoss die „lebendige Wärmflasche“; seine Körperwärme und sein regelmäßiger Herzschlag hielten sie in einer „Wattewolke der Glückseligkeit“.

Harm seufzte. „Sarah, ich muss dringend mal ins Bad.“

„Dukommschwieder?“ nuschelte sie.

Ein leises Lachen entfuhr ihm. „Ja.“

„’Kay.“ Widerwillig ließ sie ihn los und rückte ein Stück von ihm.

Er drehte sich zu ihr und gab ihr schnell einen Kuss auf die Nase. „Halt das Bett warm, Marine.“

„Aha.“ murmelte sie und griff nach seinem Kissen.

Grinsend rollte sich Harm vom Bett und verschwand im Bad. Wenige Minuten später war er fertig und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Behutsam legte er sich wieder neben sie. „Mac?“

„Hm.“ brummte es aus der Tiefe zweier Kissen.

„Darf ich mein Kissen wiederhaben?“

„Hmpf.“ Sie schob es zu ihm rüber und rückte wieder an ihn heran. Ihr Arm schlängelte sich erneut um seine Taille, ihr Kopf verschwand in seiner Halsbeuge.

Der Ex-Pilot hatte nicht die Absicht, gegen ihr anhängliches Verhalten zu protestieren. Ihr Arm lag zwar gefährlich nah an „sensiblen“ Zonen seines Körpers, aber er war zuversichtlich, sich beherrschen zu können.

„Mhm.“ Allmählich wurde sie wacher. „Morgen.“

Unbewusst legte er die linke Hand auf ihre Hüfte. Sein Mittelfinger begann, kleine Kreise zu zeichnen. „Gut geschlafen?“

„Oooaaah.“ Sie streckte sich und gähnte herzhaft. „Hab ich gut geschlafen... wie ein Baby.“

„Ich auch.“

Ein leises Kichern entfuhr ihr. „Babys schnarchen nicht.“

„Mac, ich schnarche nicht!“ protestierte er.

„Doch.“

„Nein, tu ich nicht.“

„Tust du wohl.“ Sie hob den Kopf. „Es war aber ganz leise.“

„Vielleicht krieg ich doch noch eine Erkältung...“

„Nope, das war definitiv kein Erkältungsschnarchen.“

Seine Wangen wurden rot. „Sorry, wenn ich dich gestört hab.“

„Du hast mich nicht gestört.“

„Wirklich nicht?“

„Wirklich nicht.“ lachte sie leise. „Es war ja nicht laut.“

„Trotzdem...“ Bis jetzt hatte ihm noch niemand gesagt, dass er schnarchen würde. Auch wenn es „ganz leise“ gewesen war.

„Schsch.“ machte sie. „Das braucht dir weder unangenehm noch peinlich zu sein, Harm.“ Ein breites Grinsen überzog ihr Gesicht. „Es sei denn, du fängst an, die Regenwälder am Amazonas abzuholzen.“

„MAC!“ Seine Ohren wurden rot.

Nun lachte sie laut. „Du bist süß, wenn du verlegen bist.“ Ohne nachzudenken gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Autsch...“

„Was?“ Er riss die Augen auf. „Wie?“

„Du piekst.“ erwiderte sie kichernd.

Seine freie Hand glitt über seine raue Wange. „Sorry.“

„Wenn du dich gleich noch dafür entschuldigst, dass du aufs Klo musst, schmeiße ich dich raus.“

„Wie bitte?“

„Harm, dein Bartwuchs über Nacht ist genauso normal wie aufs Klo gehen oder Schnarchen.“

„Schnarchen ist nicht unbedingt normal.“

„Okay, das mag sein. Aber es hat mich wirklich nicht gestört.“

„Na gut.“ gab er sich geschlagen. „Was jetzt?“

„Was meinst du mit „Was jetzt?“?“

„Stehen wir auf?“ Er grinste. „Oder bleiben wir noch was im Bett?“ Wogegen er absolut nichts hatte.

Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Was möchtest du denn?“

„Ich weiß nicht...“

„Harm...“ Ihr Blick wurde ernst. Sie war diesen Eiertanz leid. Die letzten beiden Tage hatten ihr einen völlig neuen Harm gezeigt; endlich hatte er etwas von seinen Gefühlen und Wünschen offenbaren können. „Ich will wissen, was DU gerne möchtest.“

<Dich küssen, Sarah. Und noch viel mehr...> Er holte tief Luft – auch weil sein Körper plötzlich an gewissen Stellen munter zu werden und seiner Kontrolle zu entgleiten drohte. „Ehrlich?“

„Ehrlich.“

„Ich finde es... na ja... irgendwie zu schön hier, um... ähm... um aufzustehen.“ gestand er leise. „Können wir noch was liegenbleiben?“

Mit einer Hand strich sie über seine Wange. „Natürlich.“

„Wie geht es dir eigentlich?“

„Bestens. Ich fühle mich ausgeruht und wieder vollkommen gesund.“

Er grinste sie an. „Dann können wir uns also ab morgen wieder zanken.“

„Träum weiter, Flyboy.“

„Das tu ich auch so schon.“ entfuhr es ihm kaum hörbar.

„Und wovon träumst du?“

<Shit!> Manchmal hasste er ihr gutes Gehör. Mit geröteten Wangen sah er sie an und erkannte, dass er sich irgendwelche Ausflüchte sparen konnte – wollte er den Tag nicht verderben. Sie würde nicht eher Ruhe geben, bis sie die Wahrheit wusste.

„Maaac... ich... hm...“ Seine Hand glitt über ihre Wange, sein Daumen strich über ihre Unterlippe. „Manchmal träume ich von einer schönen Frau.“ Er zog die Lippe ein Stück runter. „Einer wunderschönen Frau, die neben mir liegt... die mich mit großen braunen Augen ansieht... deren Mund mich zum Küssen einlädt...“ Er beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. „Die verdammt süß schmeckt...“

Mac schluckte schwer. „Ähm...“ Seine dunklen Augen irritierten sie.

„Hast du immer noch Probleme damit, wenn ein Mann dich attraktiv findet?“

Sie schüttelte den Kopf. „Hm-hm.“

„Oder hast du ein Problem damit, dass ICH dich attraktiv finde?“ Er küsste ihre Nase.

„N... nein...“ Erneutes Kopfschütteln, allerdings wesentlich langsamer als gerade noch.

„Ich habe dir schon gesagt, dass ich dich attraktiv finde... und anziehend...“

„Ahaaa.“

„Da ist es doch kein Wunder, wenn ich ab und zu von DIR träume.“

Ihre Augen wurden groß. „Www... was?“

„Ja, ich träume von dir, Sarah MacKenzie.“ Er beugte sich erneut zu ihr und küsste ihre Lippen. Es kostete ihn einige Mühe, den Kuss nicht zu vertiefen. Daher löste er sich schnell wieder von ihr.

„Ha... Harm?“ Sie blinzelte.

„Sarah, ich... ah...“ Er sollte den Satz nie zu Ende bringen, da ihn ein dumpfes Grollen unterbrach.

Ein gedehntes „Uuups!“ entfuhr Mac. Ihre Wangen leuchteten plötzlich in einem äußerst gesunden Pink. „Sorry.“

„Ich hätte es wissen müssen.“ Er fiel zurück auf sein Kissen und lachte laut. In gewisser Weise war er sogar froh über die Unterbrechung.

„Tut mir Leid, Harm.“ wisperte sie kleinlaut. Ihr war klar, dass ihr knurrender Magen ein womöglich sehr bedeutendes Gespräch, Geständnis oder was auch immer gestoppt hatte.

Er grinste sie an und rutschte zur Bettkante. „Schätze, das war es dann wohl mit dem Liegenbleiben.“ Immer noch lachend stand er auf. „Was hättest du gerne zum Frühstück?“

„Harm, ich kann...“ Sie setzte sich auf.

„Ich weiß, was du kannst. Aber...“ Er hob einen Finger. „... ich habe dir ein Frühstück am Bett versprochen.“

Sie grinste triumphierend. „Im Bett, wenn ich mich recht erinnere.“

„Falsch, Marine, es war AM Bett. Aber wenn du auf Frühstück IM Bett bestehst, bekommst du auch das.“ Grinsend schlenderte er Richtung Bad. „Wenn ich hier fertig bin, will ich wissen, was du haben willst.“ Ohne sie weiter anzusehen, zog er die Tür hinter sich zu.

Mac sah ihm nachdenklich hinterher und dann auf den „Störenfried“. „Musste das jetzt sein?“ Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Harm kurz davor gestanden hatte, laut und deutlich auszusprechen, was er für sie empfand. <Na ja, vielleicht nicht gerade laut... seine Stimme war tief gewesen... verführerisch leise... einfach sexy...>

„Also, Marine, wonach gelüstet es dir?“ Harm stand vor dem Bett und sah sie neugierig an.

<Nach dir.> dachte sie schmunzelnd. „Nach di... aaah... ähm... wenn es geht, hätte ich gerne eine große Portion von diesem genialen Rührei.“ Sie war froh, dass er anscheinend ihren Beinahe-Versprecher nicht mitbekommen hatte.

„Das ist aber doch nicht alles?“ grinste er süffisant, jedoch ohne zu zeigen, dass er sehr wohl mitbekommen und vor allem verstanden hatte, was sie beinahe gesagt hätte.

<Nope.> Ihr Lächeln wurde breiter. „Croissants hast du nicht zufällig im Angebot?“

„Wenn dich Tiefkühl-Croissants nicht stören.“

„Noch besser.“ strahlte sie. „Ich liebe ofenfrische Croissants.“

„Okay, dann also Rührei und Croissants. Ich nehme an, Kaffee soll auch dabei sein.“ Er schenkte ihr ein breites Flyboy-Grinsen.

„Blödmann.“ Sie streckte ihm die Zunge raus. „Was ist schon ein Frühstück ohne Kaffee?“

„Ein Frühstück mit keinem Kaffee.“ lachte er. „Manche Leute trinken Tee zum Frühstück.“

„Ich aber nicht.“

„Da sind wir schon mal zwei.“ Er öffnete die Schlafzimmertür. „Ich beeile mich.“

„Du frühstückst aber doch mit mir, oder? Hier, meine ich.“

„Glaubst du, ich setze mich alleine in die Küche und bewundere deine Küchenmöbel?“

Ein freches Grinsen umspielte ihre Mundwinkel. „Bewunderst du lieber mich?“

„Uh... hm...“ Er wurde rot und räusperte sich verlegen. „Zumindest bist du attraktiver als deine Möbel.“

Sie tat beleidigt. „Danke, Commander.“

„Maaac...“

Nun grinste sie frech. „Mach mir lieber Frühstück anstatt über die Attraktivität meiner Möbel zu philosophieren.“

„Aye, aye, Ma’am!“ Er salutierte, als stünde er vor dem Admiral.

Mac lachte laut. Es sah einfach zu komisch aus, wie er im Schlafanzug stramm stand. „Kindskopf!“

Unbeeindruckt starrte er einen Punkt an der Wand über ihrem Bett an. „Commander Rabb meldet sich ab zum Dienst in der Kombüse.“ Vorschriftsmäßig machte er auf den Fersen kehrt und marschierte aus dem Raum.

Immer noch lachend ließ Mac sich zurück in die Kissen fallen. Selten hatte sie ein so amüsantes Wochenende erlebt.

Bis in die Küche hörte Harm ihr Lachen. Ein selbstgefälliges Grinsen überzog sein Gesicht, als er die Croissants aus dem Tiefkühl holte und ihren Ofen vorheizte. Das Grinsen blieb auch während der ganzen Frühstück-Vorbereitungszeit fest an seinem Platz. Selbst als er knapp 20 Minuten später alles auf das große Tablett stellte und dieses dann vorsichtig in ihr Schlafzimmer transportierte, grinste er immer noch.

Mac setzte sich wieder auf und machte den Hals lang. „Mhmmm, das sieht ja mal wieder gut aus.“

„Das ist auch mal wieder gut.“ Er setzte das Tablett am Fußende des Bettes ab und eilte aus dem Zimmer. „Bin gleich zurück.“

„Hey, wo willst du hin?“ rief sie ihm hinterher.

Drei Minuten und 52 Sekunden später kam die Antwort in Form von zwei Tellern mit locker-fluffigem Rührei. „Tataaa!“

Erwartungsvoll setzte sie sich in den Schneidersitz und schnupperte laut. „Dieser Duft...köstlich...“ Prompt knurrte ihr Magen.

„Na los, gib dem Magen, was des Magens ist.“ Der Ex-Pilot setzte sich ihr gegenüber, ebenfalls im Schneidersitz. „Der macht mir heute zu viel Krach.“ lachte er.

„Schorry.“ nuschelte sie kauend. „Dasch mit vorhin tut mir wirklisch Leid.“

Er winkte lässig ab und griff nach seiner Gabel. „Schon gut.“

Wenige Minuten später waren die Teller leer.

„Mal sehen, was gibt es denn noch Gutes hier?“

„Kaffee z. B.“ Er hielt die Kanne hoch.

Sie hielt ihm einen Becher hin. „Her damit.“

„Na, na, na. Was sind denn das für Manieren?“

„Die eines hungrigen Marines.“ lachte sie und griff nach einem Croissant.


Liebe Grüsse Petra

Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.

 
Petra-Andreas
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RE: Weihnachtsvorbereitungen unter besten Freunden

#2 von Petra-Andreas , 04.12.2012 16:07

Er schenkte sich ebenfalls Kaffee ein. „Wohl eher die eines verhungerten Marines. Als hättest du wochenlang nichts zu essen bekommen.“

„Bäh!“ Sie streckte ihm die Zunge raus, die voller Croissant-Krümel war.

Harm lachte laut. „Sehr sexy.“

„Scheckschi?“ nuschelte sie. „Wasch ischt scheckschi?“

„Deine Zunge.“

Mac schluckte und sah ihn mit großen Augen an. „Meine Zunge ist SEXY???“

„Mit diesen Croissant-Krümeln auf jeden Fall.“ zwinkerte er.

„Ups.“ kicherte sie.

„Hast du mal wieder deine Manieren vergessen, MacKenzie?“

Ein freches Grinsen überzog ihr Gesicht. „Ich dachte, ich habe keine.“

„Der hungrige Marine Sarah MacKenzie hat keine.“ Er begann, seine Flocken zu essen. „Bei der Frau Sarah MacKenzie sehe ich allerdings noch welche.“

„Und die reichen dem Offizier und Gentleman Harmon Rabb Jr.?“

Er grinste breit. „Jupp.“

„Dann hab ich also noch mal Glück gehabt.“

„Inwiefern?“

„Na ja...“ Sie gluckste erheitert vor sich hin. „Wer weiß, was du dir für eine Strafe ausdenkst, damit ich mich besser benehme.“

„Hm...“ Er spürte, wie seine Ohrläppchen wärmer wurden. Was ihm durch den Kopf ging, hatte allerdings mit Strafe so viel gemein wie eine Tomcat mit einem Tretauto. „Im Moment gar keine.“

„Im Moment nur?“

„Jupp. Aber...“ grinste er und hob einen Finger. „... ich behalte mir das Recht der späteren Strafe vor.“

„Uih.“ kicherte sie. „Dann muss ich also trotzdem noch aufpassen?“

„Mhm.“ nickte er kauend.

Mac griff nach dem nächsten Croissant, bestrich eine Ecke dick mit Butter und biss hinein. „Mhmmm.“ machte sie. Mit einem Schluck Kaffee spülte sie dann nach. Die folgenden Bissen waren ebenfalls äußerst butterreich.

Der Ex-Pilot sah ihr amüsiert zu, während er selbst seine Müslischale leerte. So hatte er sich ein gemeinsames Frühstück mit „seinem“ Marine immer vorgestellt. Vielleicht nicht unbedingt im Bett, aber in lockerer und gelöster Stimmung wie jetzt.

Schließlich waren beide satt – und das Tablett deutlich leerer geworden.

„Dein Appetit ist wieder ganz der alte, Mac.“ lachte er. „Du bist tatsächlich gesund.“

Sie grinste. „Das sage ich ja schon seit vorgestern.“

„Ja, ja.“ winkte er ab und rutschte vom Bett. „Wer geht zuerst duschen?“

„Ich.“ lachte sie. „Und während du dich dann schön machst, räume ich die Küche auf.“

„Schön machen? Ich mich?“

„Aha.“ Sie hob eine Hand und strich über seine raue Wange. „Wenn z. B. diese Stoppeln hier weg sind, siehst du gleich viel besser aus.“

„Hast du was gegen Männer mit Bart?“

„Nein, aber das ist kein Bart, was dir da sprießt.“

„Was ist es dann?“ Neugierig sah er sie an. „Meines Wissens nennt man das Bart.“

Sie lachte. „Das sind Stoppeln, Mister. „Bart“ kann sich das erst nach drei oder vier Tagen nennen.“

„Stehst du auf Dreitagebärte?“

„Nicht wirklich, obwohl manche Männer damit richtig sexy aussehen.“

„Aha.“ machte er und stellte sich insgeheim die Frage, ob sie auch ihn „sexy“ finden würde, sollte er jemals in ihrer Gegenwart mit Dreitagebart auftauchen – was vermutlich nicht der Fall sein würde, da selbst im Urlaub die tägliche Rasur Ehrensache für ihn war.

Sie musterte ihn von der Seite und konnte sich ziemlich genau denken, was ihm gerade durch den Kopf ging. „Dazu hatte ich noch nicht die Gelegenheit.“ grinste sie schelmisch.

„Hä?“ Beide Brauen sausten nach oben. „Wozu hattest du noch keine Gelegenheit?“

„Zu sehen, wie du mit Dreitagebart aussiehst.“

<Hab ich etwa mal wieder laut gedacht?> Misstrauisch sah er sie an. „Wie kommst du jetzt darauf?“

„Du hast dich gefragt, ob auch du sexy aussiehst mit Dreitagebart.“

„Hab ich das?“ <Shit!>

Sie zwinkerte vergnügt. „Ich kenne dich, Seemann.“

„Ähm... na ja...“ Er kratzte sich am Kopf und grinste dann. „Jetzt ist es eh zu spät dafür. Morgen früh muss der ab.“

„Versuch es doch einfach mal über Weihnachten. Da haben wir ein paar freie Tage. Und dann sage ich dir, wie ich deinen Dreitagebart finde.“

„Das setzt aber voraus, dass wir uns drei oder vier Tage nach Weihnachten sehen.“

„Hast du etwa was vor? Wir wollten doch Heilig Abend zusammen verbringen.“

„Das werden wir auch, Sarah.“ lächelte er. „Aber es könnte doch sein, dass DU noch etwas vorhast.“ Er kreuzte mental sämtliche Finger in der Hoffnung, sie wäre frei.

„Ich habe nichts vor, Seemann. Außer vielleicht...“ Sie machte eine Pause.

„Außer?“ Seine Hoffnung sank.

„Außer vielleicht deinen Dreitagebart bewundern.“ kicherte sie. „Kommst du zu mir, oder soll ich zu dir kommen?“

„Wir haben noch ein paar Tage Zeit, das zu entscheiden.“

„Es ist besser, wenn ich zu dir komme. Falls es mir nämlich nicht gefällt, kannst du die Stoppeln sofort abmachen.“

„Den Dreitagebart, meinst du wohl.“

„Na gut, dann eben den Dreitagebart.“

„Unter deiner Aufsicht?“

„Natürlich.“ lachte sie. „Was dachtest du denn?“

„Mac, beim Rasieren kann ich doch gar nicht schummeln.“

„Genierst du dich etwa?“

„Maaac!“

„Rasierst du dich trocken oder nass?“

„Meistens nass. Warum?“

„Wenn mein Vater zu betrunken war, hab ich das hin und wieder machen müssen... daher könnte dir sogar dabei helfen.“

„Oh.“ Er drückte ihre Hand und grinste. „Danke für dein Angebot, aber ich schaff das schon alleine. Zugucken darfst du aber.“

Sie kicherte. „Du genierst dich also nicht?“

„Nope.“ lachte er.

„Gut, dann darfst du dich ab dem 25. nicht mehr rasieren.“ Sie streckte ihre Hand aus.

Er ergriff diese. „Abgemacht.“

„Was machen wir heute noch?“

„Duschen, rasieren, anziehen, spazieren gehen, relaxen, was essen...“

„In der Reihenfolge?“

„Im Schlafanzug gehe ich jedenfalls nicht vor die Tür.“ lachte er. „Alles, was nach „anziehen“ kommt, ist allerdings in beliebiger Reihenfolge.“

Sie rutschte vom Bett. „Gut, dann gehe ich jetzt duschen.“

„Okay.“ Er nahm das Tablett und trug es in die Küche. Einige Sachen räumte er weg, bevor er sich wieder aufs Bett legte, die Hände hinter dem Kopf verschränkte und dem Rauschen des Wassers lauschte.

12 Minuten später kam Mac aus dem Bad, ein großes Handtuch um ihren Körper und ein kleineres um ihren Kopf geschlungen. „Bad ist frei, Seemann.“

Von Harm kam keine Reaktion.

„Harm?“ fragte sie leise.

Nichts. Nur ein ganz leises Schnarchen ertönte.

<Da ist er doch glatt wieder eingeschlafen...> schmunzelte sie und ging zu ihrer Kommode, frische Unterwäsche holen. Leise schlich sie mitsamt Wäsche, Jeans und einem T-Shirt zurück ins Bad, um sich anzuziehen. Dort änderte sie ihren Plan. <Solange er schläft, kann ich mich ja noch eincremen.> Sie setzte sich auf den Wannenrand und begann, ihre Lieblings-Bodylotion auf ihrem Körper zu verteilen.

Gut 10 Minuten später erwachte Harm wieder. <Was zum Teufel...?> Er hörte kein Wasserrauschen mehr und wälzte sich vom Bett. Rasch holte er frische Wäsche aus seinem Seesack und griff nach seiner Jeans. Gedankenverloren betrat er das Bad, legte die Klamotten auf das Schränkchen neben der Tür und begann, sein Schlafanzugoberteil aufzuknöpfen.

„Klopfst du nicht an?“ ertönte plötzlich eine weibliche Stimme.

„WAAAS?“ Erschrocken fuhr er herum. Ihm fielen sprichwörtlich die Augen aus dem Kopf, als er Mac in BH und Slip auf dem Wannenrand sitzen und ihren Bauch eincremen sah. Seine Ohrläppchen wurden heiß. <Oh Shit!> Rasch drehte er ihr den Rücken zu. „Uuuh... sorry, Mac... aber... na ja... das Wasser lief nicht mehr... und... ahm... da dachte ich...“ Er wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. „Entschuldige bitte... ich...“ Mit inzwischen hochrotem Kopf griff er nach der Badezimmertür und wollte den Raum verlassen. „Ich... hm... ich warte draußen...“ Er war schon halb aus der Tür, als er ihre Antwort hörte.

„Meinetwegen kannst du bleiben.“ lachte sie leise und fuhr fort, die Bodylotion auf ihrem Bauch zu verteilen.

Er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. „WIE BITTE?“

„Ich sagte, dass du ruhig bleiben kannst.“ Sie lachte lauter. „Mich störst du jedenfalls nicht.“

<Aber du mich...> wäre ihm beinahe rausgerutscht. <Na ja... „stören“ würde ich das nicht gerade nennen.> „Mac, ich... hm...“ Er hatte sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegt. Mit geneigtem Kopf blickte er über seine Schulter.

Viel sehen konnte er nicht, nur ihre nackte Schulter mit einem BH-Träger. In Verbindung mit dem Wissen, wie WENIG sie sonst noch an hatte, reichte das Bisschen allerdings, um sein Blut auf Reisen zu schicken. Er senkte den Kopf – und sah deutlich „das Malheur“. <Shit! Shit! Shit!> SO konnte er ihr nicht gegenübertreten.

Mac wunderte sich über sein eigenartiges Verhalten. Er stand da wie festgewurzelt und sagte kein Wort. „Harm, was ist los?“ fragte sie leise.

„Ni... nichts.“ flüsterte er kaum hörbar. Gleichwohl war „nichts“ immer noch deutlich zu sehen, auch wenn er sich alle Mühe gab, „das Problem“ in den Griff zu kriegen.

„Haaarm...“ erwiderte sie mahnend.

„Mac... ich...“

Plötzlich tauchte ihr Gesicht in seinem Blickfeld auf. Zu seiner Erleichterung hatte sie immerhin ein T-Shirt übergezogen.

„Hey.“ Sie hatte blitzschnell sein Dilemma erkannt, hielt es aber für ratsamer, nicht weiter darauf einzugehen. Geschmeichelt fühlte sie sich dennoch, auch wenn er ihr schon häufiger gesagt hatte, dass er sie attraktiv fand... dass sie ihm etwas bedeutete... dass er sie begehrte.

„Alles okay, Seemann?“

Er sah sie an und zuckte mit der Schulter.

Mac holte tief Luft. In seinen plötzlich dunkelblau schimmernden Augen sah sie sein Verlangen und vor allem seine Erregung. <Gütiger Himmel, für diesen Blick benötigt er ja einen extra Waffenschein!> Ihr Puls beschleunigte sich automatisch. Sie starrte auf seine nur halb bedeckte Brust. Es juckte sie in den Fingern, ihre Hand auf die warme Haut zu legen und diese zu streicheln oder mit den feinen Härchen dort zu spielen.

Harm sah den Tumult der Gefühle in ihren großen Augen. <Sollte sie etwa...?> Am liebsten hätte er sie in die Arme geschlossen, geküsst und nie mehr losgelassen. Dass sie zudem gut duftete, machte das Ganze nicht einfacher. „Mac, ich...“ Seine Stimme klang seltsam belegt.

Nun legte sie doch die Hand auf seine Brust. „Harm, es ist okay.“

Die Berührung durchzuckte ihn wie ein Stromschlag. „Ist es nicht.“ wisperte er resigniert und schloss die Augen.

„Warum nicht?“

„Weil... weil...“ stotterte er. Es war ihm mehr als peinlich, dass sie ihn SO gesehen hatte.

„Weil?“

„Maaac...“ Er sah sie wieder an. „Ich... ähm... sollte mich besser im... na ja... im Griff haben...“

„Warum?“ Sie legte die andere Hand auf seine Wange. „Du hast eben noch gesagt, dass du mich attraktiv findest.“ Es machte ihr seltsamerweise nichts aus, darüber zu sprechen.

Harm nickte.

„Und ich vermute, dass du mich auf eine GANZ BESONDERE Art und Weise attraktiv findest...“

Wieder nickte er stumm.

„Dass du mich begehrenswert findest.“

Erneutes Nicken.

„Ist es dann nicht natürlich, wenn...“ Ihr Blick glitt blitzschnell nach unten und wieder zu seinen Augen.

Dieses Mal schüttelte er langsam den Kopf, sagte aber immer noch nichts.

„Warum nicht?“

„Weil...“ <Verdammt!>

„Harm, du bist doch nicht der erste Mann, den ich so sehe.“ Sie lächelte sanft. „Ich fühle mich sogar ein bisschen geschmeichelt.“

DAS lenkte ihn immerhin von seinem „Problem“ ab. „Wie bitte?“ wisperte er.

„Welche Frau hat es nicht gern, wenn sie begehrt wird?“

„Mac, ich...“

<Wie oft will er das eigentlich noch sagen?> schmunzelte sie. „Ich kann nichts dafür, dass es bei euch Männern „ein wenig“ offensichtlicher zutage tritt, wenn ihr eine Frau begehrt.“

„Maaac!“ Erneut wurde er knallrot.

Mac zog ihn zurück ins Bad. „Lass dir Zeit, Harm.“ Grinsend griff sie nach der Bodylotion und ihren Klamotten und verließ das Bad, wobei sie die Tür hinter sich schloss. <Schätze, die Dusche wird heute eiskalt ausfallen...> Sie setzte sich auf ihr Bett und cremte noch die Beine ein, bevor sie sich fertig anzog und in die Küche ging.

Im Bad stand Harm gegen das Waschbecken gelehnt und sah sein Spiegelbild an. <Klasse, Rabb, wirklich große Klasse.> So etwas wie eben war ihm schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert. Er kam sich vor wie ein mit Hormonen überladener Teenager.

Es dauerte noch ein paar Minuten, bis er „das Problem“ in den Griff bekam. Als es physisch wieder möglich war, benutzte er die Toilette. Langsam zog er dann das Pyjama-Oberteil aus und holte sein Rasierzeug aus dem Kulturbeutel. Er seifte das Gesicht ein und begann mit der Rasur, die heute wesentlich länger dauerte als sonst.

Immer wieder tauchte Mac vor seinem inneren Auge auf, wie sie genüsslich die Lotion auf ihrem Körper verteilte. Seine Augen waren immer noch so gut, dass er blitzschnell mehrere Dinge gleichzeitig registriert hatte. Diese zogen nun wie in einer Karawane an ihm vorbei. Und der noch wahrnehmbare Duft ihrer Lotion tat sein Übriges.

„Verdammt!“ fluchte Harm leise und begutachtete die Stelle am Kinn, wo er sich gerade geschnitten hatte. Auch das war ihm lange nicht mehr passiert. „Rabb, was ist los mit dir?“ fragte er sein Spiegelbild, das ihn stumm anglotzte – mitsamt Rasierschaum im halben Gesicht. Er gab sich die Antwort gleich selbst. <Ich liebe diese Frau. Ich will diese Frau. Für immer. Ganz einfach.> „Ganz einfach? Ja klar.“ schnaubte er laut und rasierte sich weiter. „Nichts einfacher als das: Ich marschiere gleich hier raus, sage ihr mal eben *Mac, ich liebe dich.* und schleppe sie ab ins Bett.“ Der Gedanke an letzteres erweckte erneut „gewisse Regionen“ zum Leben.

„Shit!“ knurrte er. Als er den Schnitt unterhalb des Ohrläppchens entdeckte, entfuhr ihm ein erneutes und wesentlich lauteres „SHIT!“.

„Harm, ist alles okay?“ ertönte da Macs besorgte Stimme hinter der Tür.

<Auch das noch!> „Ja.“

Mac kannte „ihren“ Flieger und seine Untertreibungen. „Wirklich?“

„Ja-haaa.“ Harm war genervt. Von seiner Ungeschicklichkeit... von seinen physischen Reaktionen auf Mac, die er momentan nur schwer kontrollieren konnte... von seiner Unfähigkeit, ihr seine Liebe zu gestehen.

Vor der Tür runzelte Mac zwar die Stirn, gab sich aber mit seiner Antwort zufrieden und fuhr fort, das Bett zu machen.

Erleichtert, dass sie nichts weiter sagte, wusch er die Schaumreste vom Gesicht und zog sich ganz aus. „Okay, Freundchen, du hast es so gewollt: Die Dusche wird kalt, eiskalt.“ murmelte er nach einem Blick nach unten.

Mitsamt Duschgel stieg er dann in die Dusche und stellte das Wasser an. „Uuuaaah...“ stöhnte er, als das kalte Wasser auf seinen Körper traf. Aber es half. Langsam drehte er dann das warme Wasser auf und genoss den Rest der Dusche.

Sauber und erfrischt trocknete er sich ab und zog sich an. T-Shirt und Pullover hatte er mal wieder im Schlafzimmer gelassen. Barfuß und in Jeans verließ er das Bad. Das Bett war gemacht, aber von Mac war nichts zu sehen. Ohne Eile zog er den Rest seiner Kleidung an. Er wollte die Begegnung mit ihr so lange wie möglich hinauszögern. Wie sollte er ihr jetzt noch in die Augen sehen können?

Zaghaft klopfte es an der Schlafzimmertür. „Harm?“

„Ja?“

„Kann ich reinkommen?“

„Klar.“ Er seufzte stumm und machte sich auf den Weg ins Bad, um sich zu kämmen.

Mac betrat den Raum und folgte den Geräuschen. In der Badezimmertür blieb sie stehen. „Alles okay?“

„Aha.“ nickte er, vermied es aber, sie anzusehen. Stattdessen griff er nach seinem Aftershave und benetzte seine Wangen. Ein leises „autsch“ entfuhr ihm, als er die Schnitte von der Rasur erwischte.

Sie trat näher. „Was hast du?“

„Mich geschnitten.“ erwiderte er kurz angebunden.

„Lass mich mal sehen.“


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RE: Weihnachtsvorbereitungen unter besten Freunden

#3 von Petra-Andreas , 04.12.2012 16:10

„Maaac...“ Er drehte den Kopf weg.

„Was ist los, Harm?“

Er griff nach seinem Kamm und kämmte sich, ohne dabei in den Spiegel zu gucken, wo er die Reflektion ihres Gesichtes gesehen hatte. „Nichts.“

Das war zuviel für sie. Er schien sich schlagartig wieder in den verschlossenen Mann verwandelt zu haben, der er noch vor ein paar Wochen gewesen war.

„Zieh dich ruhig wieder in dein Schneckenhaus zurück, Commander.“ blaffte sie verärgert.

Ihr Tonfall schockte ihn. „Wie bitte?“ Mit großen Augen sah er sie an, Kamm in der Hand.

„Tu, was du doch so gerne tust, wenn es um Gefühle oder zwischenmenschliche Beziehungen geht: Abstreiten, weglaufen, Schwanz einziehen.“ Letzteres ließ sie freilich innerlich schmunzeln.

Ihm lag schon eine schnippische Erwiderung auf der Zunge, als ihm einfiel, dass genau das so oft zu Missverständnissen und Zankereien zwischen ihnen geführt hatte. „Tut mir leid, Mac...“ Er senkte den Kopf und holte tief Luft.

„Okay.“ Sie war zumindest etwas besänftigt. „Ist es wegen eben?“ fragte sie leise.

„Eben?“

„Ja, eben.“ Ihr Blick glitt wie vorhin rasch über seinen Körper.

Harm wurde wieder rot. „Mhm.“ nickte er.

Statt einer Antwort nahm Mac ihm den Kamm ab, legte ihn auf das Waschbecken und packte Harms Hand. Ohne eine Erklärung zog sie ihn durchs Schlafzimmer weiter ins Wohnzimmer und drückte ihn auf die Couch. „Setzen!“

„Ich sitz ja schon.“ Der Ex-Pilot konnte sich ein vorsichtiges Grinsen nicht verkneifen, wurde dann aber wieder ernst. „Was sollte das gerade?“

„Wir reden jetzt.“ erwiderte sie bestimmt, als sie neben ihm Platz nahm. „DARÜBER.“ Erneut der schnelle Blick in seinen Schoß.

„Muss das sein?“

„Ja, das muss sein.“ Sie griff nach der Kaffeekanne auf dem Tisch. „Auch einen?“

„Ja, bitte.“

Nachdem sie jedem eingeschenkt hatte, gab sie Harm einen Becher und lehnte sich zurück. „Okay, Seemann, ich höre. Und keine Ausflüchte.“

Seine Wangen röteten sich erneut. „Sarah, du bist eine attraktive Frau. Klug, intelligent... und... ahm...“

„... begehrenswert, ich weiß.“ ergänzte sie schmunzelnd. Schließlich hatte sie das schon einige Male von ihm gehört an diesem Wochenende.

„Aha.“ nickte er.

„Ich hab’s gesehen.“

„Maaac!“

„Beruhige dich.“ Sie griff nach seiner Hand. „Ich habe dir doch vorhin schon gesagt, dass du nicht der erste Mann bist, den ich so sehe.“

„Ja, aber...“

„Da gibt es kein „aber“, Harm.“ unterbrach sie ihn und streichelte seine Fingerknöchel.

„Trotzdem... ich...“ Er holte tief Luft. „Ich sollte eigentlich alt und... uh... erfahren genug sein, um so etwas im... ähm... im Griff zu haben...“

Sie schmunzelte. „Ich bin ja nicht ganz unschuldig daran.“

„Wie bitte?“ Er hob den Kopf und sah sie an.

„Wenn ich auch halbnackt im Bad sitze und die Tür nicht abschließe...“ grinste sie.

„Na ja, ich hab kein Wasserrauschen mehr gehört und dachte daher, das Bad wäre frei.“

„Logisch, hätte ich auch gedacht.“

„Und dann... dann sitzt du da... mit kaum was an...“ Er senkte den Kopf wieder und drückte ihre Hand. „Mac, ich bin auch nur ein Mann...“

„So wie ich nur eine Frau bin...“ erwiderte sie kryptisch.

„Eine wunderschöne Frau...“ Seine Stimme wurde leise, fast kaum hörbar. „... mit einem sexy Körper...“

Auch ihre Worte waren kaum wahrzunehmen. „Den du begehrst...“

„Mhm.“

Sie hatte plötzlich den dringenden Wunsch, ihn zu küssen. Langsam beugte sie sich vor und hob mit dem Zeigefinger der anderen Hand seinen Kopf. „Dein Body ist auch nicht ohne, Flyboy.“ wisperte sie und küsste seine Lippen. Richtig.

„Hmpf.“ machte der Ex-Pilot vollkommen überrascht. Bevor er jedoch richtig – und/oder angemessen – reagieren konnte, löste sie sich schon wieder von ihm.

Er starrte auf ihre Lippen. „Mac?“

„Sorry, aber mir war grad danach.“ grinste sie verschmitzt. „Lass dir gesagt sein: Dein „kleines“ Problem braucht dir NICHT peinlich zu sein.“

Harm war immer noch irritiert von ihrem Kuss. „Aber...“

„Du hast eine – ich zitiere – „wunderschöne und sexy“ Frau halbnackt gesehen, die du zudem auch noch begehrst.“ Ihr Grinsen wurde breiter. „Ich wäre sogar ein wenig beleidigt, wenn du nicht so reagieren würdest, wie du es getan hast.“

„Ähm... wie bitte?“

„Als Frau fühle ich mich geschmeichelt.“ erwiderte sie schlicht.

Ein vorsichtiges Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Und als Marine?“

„Bei so etwas hat der Marine Urlaub.“ lachte sie.

Er stimmte in ihr Lachen ein.

„Ist jetzt wieder alles okay?“ fragte sie nach ein paar Sekunden.

„Aha.“ Er nickte. „Wenn es dich nicht stört, dass ich dich... hm... begehrenswert finde.“

„Nein.“ Sie verdrehte die Augen. „Wie oft soll ich das denn noch sagen?“

„Bis ich das glaube.“ grinste er schief.

„Du hast immer noch Zweifel...“

Er zuckte mit der Schulter. „Etwas, ja.“

„Spring über deinen Schatten, Seemann.“ Kaum waren sie ausgesprochen, ging ihr auf, wie doppeldeutig ihre Worte waren. Ihr war inzwischen klar, dass er sie liebte, auch wenn er es (noch) nicht laut gesagt hatte.

Bevor er etwas erwidern konnte, redete Mac schon weiter. „Was soll ich denn noch machen, damit du mir glaubst?“

„Ich weiß nicht... schätze, das ist wohl einzig und allein mein Problem.“

„Hilft es dir vielleicht, wenn ich dir sage, dass auch du nicht übel anzuschauen bist?“

Argwöhnisch beäugte er sie. „Wie meinst du das?“

„Na ja, von der Bettkante würde ich dich nicht stoßen.“ grinste sie.

„Wie bitte?“ Die Frage schien eine seiner Lieblingsfragen zu werden.

Nun lachte sie laut. „Harm, das ist so eine Redensart.“

„Ich weiß.“ Dann grinste er arrogant. „Abgesehen davon habe ich bereits mit dir in deinem Bett geschlafen.“

„Ähem...“ Mac räusperte sich. „Wir haben nicht MITEINANDER geschlafen, Mister, nur gemeinsam in meinem Bett.“

„Sorry, da hab ich wohl aus Versehen den falschen Ausdruck erwischt.“ grinste er unschuldig.

<Wer’s glaubt...> Sie bedachte ihn mit einem schiefen Seitenblick, sagte jedoch nichts.

„Du findest mich also „nett anzuschauen“?“

„Aha.“ machte sie. „Wobei „attraktiv“ besser passt als „nett anzuschauen“.“

„Attraktiv? Ich dachte, das sagt man eher zu Frauen.“

„Kann es keine attraktiven Männer geben?“

„Doch, aber ich würde mich nicht als „attraktiv“ bezeichnen.“

„Sondern?“

„Gutaussehend vielleicht... oder von ansprechendem Äußeren...“

„Na gut.“ Sie kicherte. „Dann bist du eben ein gutaussehender Mann, der nicht ganz unattraktiv auf mich wirkt. Kannst du damit leben?“

Er lachte. „Jupp.“

„Dann sind wir uns also einig: Wir finden uns gegenseitig anziehend.“ Sie vermied absichtlich das Wort „begehrenswert“, obwohl sie genau das meinte – was auch ihm klar war.

„Kann man so sagen, Sarah.“ Sein Tonfall war plötzlich ernst geworden.

„Hast du jetzt immer noch Probleme damit, dass ich dich „so“ gesehen hab?“ Sie machte Anführungszeichen in der Luft.

„Nein, aber wir sollten trotzdem das Thema wechseln.“

„Warum?“

„Ich weiß nicht, wo das sonst enden würde...“ Harm traute sich nicht mehr über den Weg, falls sie weiter „darüber“ diskutieren sollte. Ja, er wollte diese Frau. Wollte ihr auch körperlich zeigen, wie sehr er sie liebte. Aber da standen zunächst drei kleine Worte als riesengroße Hürde vor ihm.

Mac beschloss, nicht weiter nachzubohren. Sie hatten die Unstimmigkeiten geklärt und wussten im Prinzip, wo sie standen. „Gut, dann stellt sich die Frage: Was machen wir jetzt?“

„In Bezug auf... uns?“

Sie lachte leise. „Nein, mit dem angefangenen Tag.“

„Sorry.“ Er stellte seinen Kaffeebecher auf den Tisch. „Wir können was spazieren gehen und irgendwo unterwegs essen.“

„Gute Idee. Was hältst du von der Mall?“

„Willst du wieder shoppen gehen?“ Seine Braue wanderte nach oben.

„Nein, nur vielleicht ein bisschen gucken. Oder wir fahren zum Fort Dupont Park und gehen dort was spazieren.“

„Mir auch recht. Da dürfte zudem nicht so viel los sein wie in der Mall. Und nette Restaurants gibt’s da auch in der Nähe.“ Er erhob sich. „Dann sollten wir uns mal fertig machen.“

Sie stand ebenfalls auf und brachte das Geschirr in die Küche. „Fährst du?“

„Jupp!“ rief er, während er Socken und Schuhe anzog.

Wenige Minuten später war auch Mac fertig. Sie verließen die Wohnung und fuhren Richtung Mall.

Unterwegs entfuhr ihr ein leiser Seufzer. „Schade.“

„Was ist schade?“

Sie sah ihn nicht an. „Ich find’s irgendwie schade, dass das Wochenende bald vorbei ist.“

„Hattest du nicht gestern noch die Nase voll vom Alleinsein?“

„Ja, schon... aber...“

„Aber?“

„Ich fand es schön... das Wochenende, meine ich.“

„Ich auch.“ lächelte er. „Ein paar Stunden kannst du es noch genießen...“

„Das werde ich auch.“

„Erfreuen wir also gemeinsam an den letzten Stunden deiner Freiheit.“ Er tätschelte ihren Schenkel.

Die Wärme seiner Hand sandte angenehme Schauer durch ihren Körper. „Du tust ja gerade so, als müsste ich morgen aufs Schafott.“ kicherte sie.

„Ab morgen hat die Tretmühle JAG dich wieder, auch wenn es nur für drei Tage ist. Der Admiral wird sich freuen.“

„Ob du es glaubst oder nicht, irgendwie freue auch ich mich. Eine ganze Woche nur an die Wohnung gefesselt... das war stinklangweilig.“

Er warf ihr einen Seitenblick zu. „Ich war doch da.“

„Ich weiß.“ Ihre Hand begann die seine zu streicheln. „Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich wohl die Wände hochgegangen.“

„Na komm schon, so schlimm wird es doch nicht gewesen sein.“

„Wann warst du denn das letzte Mal so krank, dass du nicht aus deiner Wohnung konntest?“

Er dachte nach und kam auf keine Antwort – außer seinem Absturz damals. Aber da war er zuerst im Krankenhaus gewesen, und danach hatte sich Renée um ihn gekümmert. „Keine Ahnung. Mein Absturz zählt ja wohl nicht.“

„Nein, nicht wirklich. Obwohl du da ja auch an die Wohnung gefesselt warst, zumindest in der ersten Zeit.“ Ihr Daumen rieb über die rauen Knöchel. „Daher dürftest du dich noch erinnern, wie grässlich das ist, wenn du mal nicht raus darfst.“

„Stimmt. Allerdings war ich ja nicht vollständig an die Wohnung gefesselt, nur mit dem Laufen haperte es eine Weile.“ lachte er. „Ich wundere mich sowieso schon die ganze Zeit, dass du mir so widerspruchslos gehorcht hast.“

„Wer sagt denn, dass das widerspruchslos war?“ grinste sie frech. „Träum weiter, Flyboy.“

„Gerne.“ Erneut lachte er, allerdings leiser und mit wesentlich tieferer Stimme. „Wovon darf ich denn träumen?“ Mit hochgezogener Braue schielte er sie an.

„Äh...“ Mac hatte plötzlich einen Kloß im Hals. „Ich weiß nicht...“

„Ich wüsste schon etwas, wovon ich träumen könnte. Aber das verrate ich nicht.“ grinste er.

„Haaarm...“

„Nope.“

Macs Gedanken schweiften ab. Sie rätselte, was er wohl träumen mochte. <Ich schätze, es hat mit mir zu tun. Aber was?> Hätte sie geahnt, was der Ex-Pilot zuweilen wirklich von ihr träumte, wäre sie vermutlich vor Scham im Boden versunken.

„Wir sind da.“ Harms Worte unterbrachen ihren Gedankengang. Sie blickte auf.

Er parkte in der Nähe der Stelle, wo sie bereits vor zwei Wochen den Wagen abgestellt hatten bei ihrem Shopping-Trip.

„Warum bist du hier hingefahren?“ fragte sie. „Ich dachte, wir gehen was spazieren?“

Er sah sie an. „Wenn du nichts dagegen hast, wollte ich noch mal kurz bei „Macy’s“ rein, dann fahren wir weiter.“

„Kein Problem.“ Mac stieg aus.

Er folgte ihr und verschloss den Wagen. „Es dauert auch nicht lang.“

„Kein Problem.“ erwiderte sie erneut.

Mitten auf dem Gehweg blieb er stehen. „Mac, was ist los?“

„Nichts, ich hab nur nachgedacht, das ist alles.“

„Darf ich fragen, worüber?“

„Darfst du.“ Sie grinste. „Aber ob ich dir eine Antwort gebe, darüber muss ich erst nachdenken.“

„Mac!“

„Was willst du denn besorgen?“

„Ich hab gestern gesehen, dass „Macy’s“ bis heute ein Angebot an Herrenwäsche hat... grad die, die ich mir immer hole. Leider hab ich nicht dran gedacht, welche mitzunehmen.“ Seine Ohrläppchen röteten sich. „Willst du mitkommen oder lieber was Musik hören?“ Er wedelte mit den Autoschlüsseln.

„Deine Schlüpfer darfst du alleine kaufen gehen, Seemann.“ Mac lachte und nahm ihm die Schlüssel ab. „Ich hör derweil ein bisschen Musik.“

„Maaac...“

„Abmarsch, Commander. Ich will heute noch spazieren gehen.“ Sie gab ihm einen spielerischen Klaps auf den Po.

Mit einem „Hey!“ verschwand der Ex-Pilot Richtung „Macy’s“. Dort besorgte er sich ein halbes Dutzend seiner bevorzugten Slips. Als er fast schon wieder aus dem Geschäft war, fiel ihm etwas ein. Normalerweise schenkte er Mac zu Weihnachten immer ihr Lieblingsparfüm, dieses Mal jedoch sollte es etwas Besonderes sein.

Er ging zurück in die Damenabteilung und holte den gleichen Kaschmir-Pullover, wie sie ihn sich gekauft hatte. Vor zwei Wochen hatte sie den cremeweißen erworben; nun holte er den dunkelroten. Die Größe hatte er sich gemerkt, als er seinerzeit das Etikett studiert hatte. Mac hatte in beiden Pullovern atemberaubend ausgesehen. Er hatte in ihren Augen gesehen, dass sie sich am liebsten beide gekauft hätte. Aber die Dinger hatten einen derart stolzen Preis, dass sie sich nur einen gönnen wollte oder konnte. Nun wollte er ihr die Freude machen. Wie hatte Keeter es neulich ausgedrückt: *Wenn du eine Frau wirklich liebst, darf dir nichts zu teuer sein.*

„Würden Sie ihn bitte einpacken?“ lächelte er die Verkäuferin an der Kasse an.

„Natürlich, Sir.“ Diese grinste zurück. Sie konnte sich noch an den großgewachsenen und gut aussehenden Mann erinnern; damals hatte sie Mac bedient. „Weihnachtsgeschenk für Ihre Frau?“

„Aha.“ Er nickte ohne rot zu werden.

Die junge Frau reichte ihm die Tüte. „Wie er zu pflegen ist, habe ich ja schon neulich Ihrer Frau erzählt.“

„Sie erinnern sich?“ Harm riss die Augen auf.

„Natürlich, so was gehört zum Geschäft, Sir.“ lächelte sie. „Fröhliche Weihnachten.“

„Fröhliche Weihnachten auch Ihnen, Ma’am.“ Er schenkte ihr sein patentiertes Flieger-Lächeln und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Auto.

15 Minuten später verstaute er seine Einkäufe im Kofferraum und stieg an der Fahrerseite ein. „Fertig.“ grinste er.

„Das hat aber gedauert.“ Sie stellte das Radio leiser. „Hast du jedes Höschen einzeln anprobiert?“

„Maaac!“ protestierte er halbherzig, um dann verschwörerisch zu grinsen. „Nope, ich war noch bei Santa Claus.“

„Darf ich es sehen?“


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RE: Weihnachtsvorbereitungen unter besten Freunden

#4 von Petra-Andreas , 04.12.2012 16:13

Er startete den Motor und fuhr los. „Ist schon eingepackt.“

„Was ist es denn?“

„Nicht so neugierig, Marine.“

„Ist es für deine Mom?“

„Nope.“

„Für Frank?“

„Nope.“

„Für AJ?“

Der Ex-Pilot stand kurz vor einem Lachanfall. „Nein.“

„Haaarm...“ Sie klimperte mit den Wimpern, was ihn normalerweise immer nachgeben ließ.

Dieses Mal jedoch nicht. „Es ist und bleibt ein Geheimnis zwischen mir und Santa Claus.“ grinste er.

„Mhmmm...“ machte sie und tippte nachdenklich an ihr Kinn. „Ich darf nicht wissen, was und für wen es ist. Wäre es für eine der genannten Personen, hättest du keinen Grund, mir gegenüber so geheimnisvoll zu tun. Daraus folgere ich: Entweder hast du eine neue Flamme, was ich nicht glaube, oder aber... HA!“ Sie grinste triumphierend. „Ich hab’s: Es ist für mich!“

<Nicht umsonst ist sie eine der besten.> dachte er schmunzelnd. „Warte es doch einfach ab.“

„Es ist also für mich.“ lachte sie. „Gib es zu, Flyboy.“

„Okay, es ist für dich.“ Er sah sie an. „Zufrieden?“

„Nicht ganz.“ kicherte sie.

„Schlag dir das aus dem Kopf, Marine.“

„Was denn?“ fragte sie unschuldig.

„Ich verrate es dir NICHT!“

„Revision unmöglich?“

„Yep.“ lachte er.

Sie schob ihre Unterlippe vor. „Schaaade.“

„Auch das zieht nicht.“

„Ich kann dich nicht erweichen?“ Sie beugte sich zu ihm.

„Nope.“

<Na warte...> „Wirklich nicht?“ Eine rote Ampel kam ihr zu Hilfe. Sie stützte sich auf der Mittelkonsole ab und sah ihm tief in die Augen. „Haaarrrmmm...“ gurrte sie. Dann gab ihm einen Kuss auf die Lippen. Einen gar nicht harmlosen Kuss, einen sehr feuchten Kuss. „Biiitte...“

Überrascht starrte der Ex-Pilot zuerst auf ihre schimmernden Lippen und dann in ihre Augen. „Nein, Sarah.“ Rasch schielte er zur Ampel, die aber immer noch rot war. „Ich verrate es dir NICHT. Selbst wenn du hier einen heißen Strip hinlegen solltest.“ Blitzschnell küsste er sie und fuhr dann weiter, da es gerade grün geworden war.

Prompt fiel Mac zurück auf ihren Sitz. „Hey!“ rief sie.

„Während der Fahrt turnt man nun mal nicht im Auto herum.“ lachte er.

„Bäh!“

Immer noch lachend bog er auf einen Parkplatz des Dupont Parks ein. Inzwischen mochte er diese kleinen und zunehmend intimeren Spielchen zwischen ihnen. „Du musst doch nur noch vier Tage warten, Mac.“

„Ich will aber nicht mehr warten.“ erwiderte sie wie ein trotziges Kind. Innerlich jedoch amüsierte sie sich köstlich.

Sie genoss die neu gefundene Nähe zwischen ihnen. So ähnlich war es auch ihren Anfangsjahren gewesen, bevor er zur Fliegerei zurückgekehrt war. Als er weg war, hatte sie sich so allein und verlassen gefühlt. <Vermutlich hatte es Mic auch deshalb so leicht...> Abgesehen davon war Mic Brumby kein schlechter Kerl gewesen, aber er war eben nicht Harm.

„Vier Tage, Sarah.“ meinte der Ex-Pilot, als sie ausgestiegen waren.

„Das sind vier Tage zuviel, Seemann.“ lachte sie und umrundete den Wagen.

Er sah grinsend auf sie hinab. „Bist du jetzt ein Marine oder ein neugieriges kleines Mädchen?“

„Ich bin IMMER ein Marine.“ Sie reckte stolz ihr Kinn.

Harm konnte der Versuchung nicht widerstehen und gab ihr einen Kuss auf die Nase. „Du benimmst dich aber wie ein Kind, das vor Neugier fast platzt.“

„Harm!“

„Wie ein kleines Mädchen, das unbedingt wissen will, was es von Santa bekommt.“ Seine Augen funkelten amüsiert.

„Woher weißt du, wie kleine Mädchen so sind kurz vor Weihnachten?“

„Neugierige kleine Mädchen kurz vor Weihnachten sind nicht viel anders als neugierige kleine Jungs kurz vor Weihnachten. Und davon kenne ich schon welche. Aber...“ Seine Stimme wurde tiefer. „... neugierige kleine Mädchen können richtig niedlich sein; vor allem, wenn sie eigentlich ein ausgewachsener Marine sind.“ Er stupste ihre Nase. „Im Fall des Marines können sie auch ziemlich sexy sein...“

Mac starrte in seine blaugrünen Augen. Er flirtete inzwischen hemmungslos mit ihr. „Äh...“

„Wir gehen jetzt spazieren, neugieriger, ausgewachsener, sexy MARINE.“ Der Ex-Pilot packte ihre Hand und zog sie mit sich.

Nach einigen Metern hatten beide zu einem gemächlichen Spazier-Rhythmus gefunden. Harm hatte einen Arm um Macs Schultern gelegt; sie den ihren um seine Taille geschlungen.

„Es ist angenehm ruhig hier.“

„Es ist ja auch Winter, Mac.“ Er lachte leise. „Da geht kaum einer spazieren.“

„Aber das Wetter ist schön. Dick eingemummelt macht selbst da ein Spaziergang Spaß.“

„Vor allem, wenn man eine Woche krank war und gar nicht raus durfte.“

Sie nickte. „Aha.“

„Ob wir wohl noch Schnee kriegen?“ Er sah empor zum leicht bewölkten Himmel.

„Zu Weihnachten gehört Schnee.“

Er lachte. „Sagt das Wüstenkind.“

„Auch in Arizona schneit es gelegentlich. Was ist mit Kalifornien?“

„In San Diego ist es eher feucht-kalt, da schneit es alle Jubeljahre mal. Ich jedenfalls hab noch keinen Schnee erlebt. Weiter oben... in den Bergen... da kommt das häufiger vor.“

Sie nickte nur. „Mhm.“

Schweigend gingen sie weiter. Unbewusst zog Harm sie ein Stück näher zu sich heran, sofern das überhaupt möglich war. Da Mac eher schlenderte als ging, passte er seine Schrittweite ihren kleineren Schritten an. So bummelten sie durch den winterkalten Park.

„Schau mal.“ flüsterte Harm und deutete auf ein Eichhörnchen, dass nur wenige Meter vor ihnen saß und an irgendetwas herumknabberte.

Mac kicherte leise und blieb stehen. „Der ist ja doppelt so dick wie normal.“

„Dem ist bestimmt kalt.“

„Bei dem dicken Fell?“ Sie schmiegte sich an den großen Mann. „Ich dachte immer, die halten Winterschlaf.“

„Anscheinend nicht. Der da ist wahrscheinlich ein verkappter Marine.“

„Verkappter Marine?“

„Er hat Hunger.“ Harm grinste auf sie hinab.

Mac knuffte ihn in die Seite. „Blödmann.“

Die Bewegung ließ das Tierchen eiligst davon hüpfen.

„Ups.“

„Jetzt hast du ihn verscheucht.“

„Hauptsache, ich verscheuche dich nicht.“

<NIEMALS!> „Warum?“

Sie schielte ihn an. „Dann wäre ja mein Chauffeur weg.“

„Ist das alles?“ Gespielt pikiert sah er sie an. „Bin ich nur dein Chauffeur?“

„Nein, natürlich nicht. Mein bester Freund wäre auch weg.“

„Und den brauchst du noch?“

„Selbstverständlich.“ Sie reckte sich und küsste sein Kinn.

„Wofür war der jetzt?“

„Brauche ich für jeden Kuss einen Grund?“

„Nope.“ lachte er leise, hielt ihr eine Wange hin und tippte mit dem Finger darauf. „Tu dir keinen Zwang an.“

Mit großen Augen sah sie ihn an. „Willst du etwa noch mehr Küsse haben?“

„Warum nicht?“ Seine Augen wurden dunkler. „Ich lass mich gerne grundlos küssen – solange es meine beste Freundin ist, die mich küsst.“

Mac war versucht, sein Angebot anzunehmen. „Lässt du dich auch von anderen Frauen so leicht küssen?“

„Hast du mir gerade überhaupt zugehört?“ Harm schüttelte lachend den Kopf.

„Natürlich, warum?“

„Was habe ich denn gesagt?“

„Dass du dich gerne grundlos küssen lässt, wenn... hm... wenn es deine beste Freundin ist.“

„Du hast mir ja doch richtig zugehört.“ Er sah ihr tief in die Augen. „Damit bist DU gemeint, Sarah MacKenzie.“

Nun konnte sie nicht widerstehen. Erneut reckte sie sich und wollte sein Kinn küssen.

Er aber neigte in voller Absicht den Kopf, so dass ihr Kuss auf seinen Lippen landete. „Dasch gefällt mir bescher.“ nuschelte er.

Ohne näher nachzudenken intensivierte sie den Kuss. „Mhmmm.“

Harms Puls beschleunigte sich. Er öffnete leicht die Lippen – falls sie interessiert sein sollte. Auf einen intensiveren Kuss anlegen würde er es jedoch nicht. Zugleich legte er die Arme locker um ihre Taille und zog sie sanft zu sich.

„Uuuh... isch...“ Mac folgte seiner Einladung nicht, sondern hob den Kopf und sah ihn an. In seinen nunmehr tief dunkelblau schimmernden Augen erkannte sie sein Verlangen. „Harm?“

„Hm?“ rumpelte es tief durch seine Brust. Er war froh über den langen Anorak, der sein – erneut – „aufkommendes Problem“ verbarg.

„Ich... uhm... wa... was... war... das?“ Sie war „ein wenig“ außer Atem.

Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. „Du wirst doch noch wissen, was ein Kuss ist.“

„Natürlich weiß ich, was ein Kuss ist, aber...“ Mac holte tief Luft. „Der gerade... der war so... so anders...“

„Angenehm anders oder unangenehm anders?“ Er hielt sie immer noch im Arm.

„Angenehm anders.“ Sie lächelte. „Sehr angenehm anders.“ <Viel zu angenehm...>

„Guuut...“

„Du küsst gut, Flyboy.“

„Danke.“ Ein arrogantes Grinsen überzog sein Gesicht. „Du aber auch, Sarah. Das macht Appetit.“

„Hast du Hunger? Die Restaurants sind...“

„Appetit hätte ich schon...“ unterbrach er sie, ließ sie aber nicht los. „... aber nicht auf Essen...“

„Etwa auf... ähm... auf weitere Küsse???“

„Aha.“ rumpelte es durch seine Brust. Sein Verlangen war immer noch präsent, wenngleich es abflaute.

„Warum?“

„Weil es Spaß macht, dich zu küssen.“ wisperte er.

Alles, was Mac dazu sagen konnte, war ein leises „Oh.“.

„Weil du verdammt gut küssen kannst, Marine...“ Er hauchte einen Kuss auf ihr Ohr.

Mac war inzwischen völlig verwirrt. Harms Nähe irritierte sie... sein warmer Atem kitzelte sie... seine Arme drückten sie sanft, aber bestimmt gegen seinen kräftigen Körper. All das in Kombination mit der vertrauten Aroma-Mischung aus Aftershave und „Harm“ mobilisierte ihren Kreislauf in einer Weise, die nicht wirklich angemessen war für einen öffentlichen Ort wie diesen.

„... und weil ich dich mag.“ Ein letzter Kuss auf ihr Ohrläppchen folgte. „Aber das weißt du.“

„Aha.“ keuchte sie. „Du... ich... hm... ich mag dich auch, Harm.“ Fast schon schüchtern sah sie ihn an.

Er grinste auf sie hinab. „Das hoffe ich doch.“

„Würde ich dir Küsschen-Junkie sonst so viele Küsschen geben?“ kicherte sie.

„Ich weiß nicht. Könnte ja sein, dass du das nur aus Gefälligkeit machst. Oder weil du „Küsschen-spendefreudig“ bist.“

„Harm, zum Küssen gehört wenigstens Sympathie.“

„Aaah...“ machte er gedehnt. „Ich bin dir also zumindest schon mal sympathisch.“

Sie nickte. „Natürlich.“ <Und viel mehr als das...>

„Ist das alles?“ Harm wurde mutiger.

Nun schüttelte Mac den Kopf. „Ah-ah.“

„Mehr?“ Er wagte nicht zu hoffen, von ihr DAS zu hören, was ER bisher nicht über die Lippen gebracht hatte.

Jetzt nickte sie wieder. „Aha.“

„Was denn?“ Er sah ihr tief in die Augen. Und erkannte in den mokkafarbenen Tiefen die Wahrheit. <Liebt sie mich etwa???>

„Komm her.“ wisperte sie und reckte sich.

Er beugte sich hinab. „Mac?“

Sie zog seinen Kopf tiefer zu sich herunter. Ihre weichen und feuchten Lippen landeten auf seinen. Genüsslich lutschte sie an seiner Unterlippe, nicht ahnend, was sie damit in ihm auslöste.

<Guter Gott!> Harm hatte das Gefühl, sein Herz setzte aus. Schlagartig war auch sein „physisches Problem“ wieder präsent.

Mac öffnete die Lippen und fuhr mit der Zunge über seine Oberlippe. Was genau in sie gefahren war, konnte sie nicht sagen. Klar war nur: Er schmeckte verteufelt gut.

Die Selbstbeherrschung des Ex-Piloten schmolz dahin wie Eis in der Sonne. Sein Körper reagierte automatisch. Instinktiv öffnete er den Mund und schob vorsichtig die Zunge zwischen ihre Kiefer.

Beide durchzuckte es wie ein Stromschlag, als sich ihre Zungen berührten. Ein tiefes Stöhnen entwich ihnen. „Mhmmm...“

Das brachte Mac zumindest aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Zögernd löste sie sich von ihm und sah ihn an. Seine dunklen Augen zeigten nur zu deutlich seine Erregung. Sie war froh, dass er sie immer noch umarmte. Andernfalls wäre sie wohl sang- und klanglos zu Boden gesunken.

Harm starrte seinerseits in ihre inzwischen fast schwarzen Augen. Er erkannte Liebe darin... und Erregung. <Erregung?> Sein Kreislauf kam noch mehr auf Trab. „Maaac...“ hauchte er.

„Haaarrrm...“ gurrte sie.

Rasch küsste er ihre Lippen. „Sarah... ich...“

„Schsch.“ machte sie. Auch wenn sie dringend die entscheidenden drei Worte hören wollte, ein – wenn auch kleiner – Teil ihres Verstandes arbeitete immer noch normal und sagte ihr, dass diese öffentliche Parkanlage für Liebesgeständnisse gleich welcher Art denkbar ungeeignet war – auch nicht für solche Küsse wie eben. „Nicht hier...“ keuchte sie gegen seine Lippen.

„Warum?“ Er küsste sie erneut.

Im Augenwinkel hatte sie andere Spaziergänger entdeckt. „L... Leute...“

„Oh.“ Er richtete sich wieder auf, hielt sie aber noch fest. „Schade.“

„Schade?“

„Mhm.“ nickte er. „Ich wiederhole mich ungern, aber es macht Spaß, dich so zu küssen.“

Ihre Augen wurden immer größer.

Ernst sah er sie an. „Na ja... genau genommen ist es schon ein bisschen mehr als „Spaß“.“

„Äh...“

„Aha.“ murmelte er und senkte den Kopf. Seine Augen bohrten sich in ihre, als er sich ihrem Gesicht erneut näherte. „Sarah... ich... ich...“

Was immer Harm auch vorgehabt hatte, er sollte es nicht zu Ende führen. Laut und deutlich ertönte aus seiner Jackentasche die Navy-Hymne.

„SHIT!“ fluchte er und öffnete mit einer Hand die Jacke, während die andere Mac weiterhin festhielt.

„Rabb!“ bellte er in den Apparat.

„Hallo, hier ist Jack Keeter. Kann ich bitte Harm sprechen?“

„Keeter, was soll das?“

„Sorry, Kumpel. Aber die Person, die da eben an dein Handy ging, war mir unbekannt.“

„Dann muss ich dich enttäuschen, Jack. Ich bin es höchstpersönlich.“ Der Ex-Pilot war immer noch verärgert über die Störung.

„Warum klingst du dann so anders?“

„Was weiß ich?“ Harm holte tief Luft. „Tu ich das denn?“

Mac verfolgte neugierig ihre Seite der Konversation. Natürlich war auch sie enttäuscht, dass sie unterbrochen worden waren. Im Geiste hatte sie nämlich schon Harms Worte *Ich liebe dich, Sarah MacKenzie.* gehört. Aber der Bann war gebrochen; wenn „ihr“ Flieger das Telefonat beenden würde, würden sie nicht einfach da weitermachen, wo sie aufgehört hatten.

Jack seufzte. „Ich vermute mal, ich störe.“

„Allerdings.“ Harm warf Mac einen kurzen Blick zu. Ihre Lippen reizten ihn noch immer.


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RE: Weihnachtsvorbereitungen unter besten Freunden

#5 von Petra-Andreas , 04.12.2012 16:46

Keeter schmunzelte. „Bist du gerade mit Mac beschäftigt?“

„So ungefähr. Jack, gibt es einen bestimmten Grund, warum du anrufst, oder willst du mich einfach nur ärgern?“

Mac riss verwundert die Augen auf. Das klang nicht nach Harm. Aber wer wurde schon gerne beim Küssen unterbrochen? Oder bei noch etwas Wichtigerem wie vielleicht einem Liebesgeständnis?

„Ich wollte nur fragen, ob du heute Abend noch Lust auf ein Bier hast... als Ausgleich für deine Krankenschwester-Dienste.“

„Heute ist schlecht, Jack.“ Harm gedachte, die Gesellschaft Macs bis zur letztmöglichen Sekunde auszukosten. „Aber meinetwegen können wir uns morgen auf einen Drink treffen.“

„Hat Mac nichts dagegen?“

„Jaaack!“

„Okay, okay. Sagen wir morgen 20 Uhr im McMurphy’s?“

„Abgemacht.“

„Bis morgen dann, Kumpel.“ Keeter beendete das Gespräch.

Kopfschüttelnd verstaute Harm das Telefon wieder in seiner Jacke. Dann sah er Mac zerknirscht an. „Sorry.“

„Schon okay.“

„Mac, ich...“ Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sollte er sich dafür entschuldigen, dass er sie beinahe erneut geküsst hätte? Oder dafür, dass er ihr nicht mehr hatte sagen können, dass er sie liebte?

Sie legte eine Hand auf seine Wange. „Harm, es ist wirklich okay.“ Vielleicht war es sogar gut, dass sie unterbrochen worden waren. Ein Gehweg in einem öffentlichen Park war kein idealer Ort für ein Liebesgeständnis, auch wenn kaum Leute unterwegs waren.

„Sicher?“

<Nicht wirklich...> dachte sie, antwortete aber gegenteilig. „Ja.“

Er war immer noch verunsichert. „Was machen wir jetzt?“

„Jetzt gehen wir was essen.“ meinte sie energisch. Das würde für Neutralität sorgen und beiden Abstand vom „heiklen“ Thema bringen.

Er ließ sie los. „Okay.“

„Was hältst du von Thailändisch? Nicht weit vom Parkplatz entfernt ist ein kleines, aber feines Restaurant.“

„Gute Idee. Ist mal was anderes als Pizza oder China-Mann.“ lachte er.

„Wir können aber auch zum Mexikaner bei mir um die Ecke.“

„Ich bin für Thailändisch. Zum Mexikaner können wir immer noch, wenn wir bei dir sind.“

„Dann also Thailändisch.“ Sie setzte sich in Bewegung.

In gemächlichem Tempo schlenderten sie dann nebeneinander her zurück zum Parkplatz. Die „erotisch-intime“ Stimmung hatte sich verflüchtigt; beide waren unsicher, wie sie sich jetzt verhalten sollten.

„Was machen wir nach dem Essen?“ wollte Harm plötzlich wissen.

Sie lächelte verlegen. „Ich müsste Wäsche waschen und meine Wohnung auf Vordermann bringen. Schließlich soll an Weihnachten alles perfekt sein.“ Was sie für sich behielt, war, dass sie sich auch über ihre Gefühle für ihn RICHTIG klar werden wollte.

„Mac, nichts muss „perfekt“ sein. Hauptsache, wir feiern gemeinsam.“

„Außerdem sehne ich mich nach einem schönen heißen Bad.“

Der Ex-Pilot nickte bedächtig. Ihre Pläne passten nicht zu dem seinem: Er wollte noch so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. „Und da störe ich...“

„Na ja...“ Mac fing an zu kichern. „Willst du etwa mit in die Badewanne?“ Ihr war klar, dass sie sich auf sehr dünnes Eis begab.

Harm wurde rot. „Ähm... ich...“ Prompt dachte er wieder an vorgestern, als sie „Pretty Woman“ geguckt hatten, und er sich ein gemeinsames Bad mit Mac vorgestellt hatte. Sein Puls beschleunigte sich.

„Ich möchte an Weihnachten alles erledigt haben, was zu erledigen ist. Soll heißen, dass nirgendwo Wäscheberge oder Wollmäuse rumliegen. Wir wollen ja bei mir feiern.“

„Ich versteh dich ja. Es ist nur...“ Er machte eine Pause und holte tief Luft. „Ich fühle mich in deiner Gegenwart einfach wohl. Vor allem nach dem Wochenende jetzt.“

„Harm, ich würde auch lieber mit dir auf dem Sofa sitzen, Kakao trinken und Weihnachtslieder hören. Aber du hast doch bestimmt meine Wäscheberge gesehen. “

„Hab ich.“ grinste er. „Ich war sogar schon versucht, die abzubauen.“

„Du wolltest meine Wäsche waschen???“

„Jupp.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Aber jetzt bist du ja wieder fit, da darfst du das alleine machen.“

„Ha, du sagst es ja selbst.“

„Was sage ich selbst?“

„Dass ICH meine Wäsche waschen soll.“

„Schon gut.“ Resigniert hob er die Hände. „Ich werde nachher nach Hause fahren. Ein bisschen was hab ich auch noch an der Wohnung zu tun.“

„Du bist mir also nicht böse?“

„Nein.“ Böse war er ihr nicht, nur enttäuscht. „Ganz bestimmt nicht.“

„Wir sehen uns ja morgen wieder.“

„Aber da müssen wir uns benehmen.“ Er zwinkerte.

Macs Brauen wanderten nach oben. „Hattest du etwa was Unanständiges vor?“

<Oooh jaaa.> dachte er, schüttelte aber den Kopf. „Wenn du Sofa-Kuscheln als „unanständig“ ansiehst, dann ja.“

Sie lachte. „Sofa-Kuscheln KANN unanständig werden.“

„Ich weiß, aber ich wollte erst mal harmlos beginnen.“ Ein entwaffnendes Flyboy-Grinsen folgte seinen Worten.

Mac schüttelte kichernd den Kopf. „Harmlos mit Harm auf dem Sofa kuscheln...“

„Aha.“ nickte er. „Wenn es heute nicht geht, können wir das ja Mittwoch machen.“

Unergründlich sah sie ihn an. „Abgemacht.“ Bis dahin wusste sie unter Garantie, wie sie zu ihm stand bzw. stehen wollte.

„Abgemacht.“

Wenige Minuten später waren sie am Parkplatz angekommen und losgefahren.

Nach ungefähr fünf Minuten Fahrt hatten sie das Restaurant erreicht. Sie wurden an einen Tisch geführt und bekamen die Speisekarten.

„Warst du schon mal hier?“ Harm sah sie neugierig an.

„Ein paar Mal.“ Sie nickte. „Meist nach einem ausgiebigen Shopping-Trip, wenn mir der Sinn danach stand.“

„Kannst du mir was empfehlen?“

Sie lachte. „ICH als fleischfressende Pflanze soll DIR vegetarischem Gesundheitsapostel was empfehlen?“

„Maaac!“ Er tat empört. „Erstens bin ich kein Voll-Vegetarier, und zweitens haben die hier auch Fisch.“ meinte er nach einem Blick auf die Karte. „Es könnte ja immerhin sein, dass du schon mal was davon probiert hast.“ grinste er.

„Dann muss ich dich enttäuschen, Seemann. Bisher habe ich mich immer an die Fleischgerichte gehalten.“

„Schaaade.“ Er schob die Unterlippe vor.

„Du bist und bleibst ein Kindskopf, Harm.“ Lachend schüttelte Mac den Kopf. „Weißt du schon, was du nimmst?“

„Den gebratenen Reis mit Shrimps, Ananas und Huhn.“

Sie las die Beschreibung durch. „Mhm, klingt gut. Das nehme ich auch.“

Als kurze Zeit später der Kellner kam, bestellten sie ihre Gerichte sowie die Getränke.

„Drei Tage noch und dann endlich Urlaub.“ seufzte er. „Die freien Tage kann ich gut gebrauchen.“

„Ihr habt durch mich ganz schön Mehrarbeit gehabt, oder?“

„Das schon, aber...“

„Auch wenn’s mir schwer gefallen ist: Ich sehe inzwischen ein, dass es besser war, daheim zu bleiben.“

Harm lachte leise. „Wo kommt denn diese Erkenntnis plötzlich her?“

„Tja, manchmal ist man im Nachhinein viel schlauer.“

„Das ist doch meistens so.“

„Ha, ha.“ machte sie. „Es tut mir nur Leid, dass ihr dadurch mehr Stress hattet. Vor allem du, da du dich zusätzlich noch um mich gekümmert hast.“

„Erstens habe ich das gern getan. Zweitens hätte ich keine ruhige Minute gehabt, wenn ich mich nicht persönlich von deiner Genesung hätte überzeugen können. Und drittens hat der Admiral dein Gesundwerden in meine Hände delegiert.“

„Ich weiß gar nicht, wie ich dir das danken soll, Harm.“

„Du brauchst mir nicht dafür zu danken. Ich hab dir schon so oft gesagt, dass es selbstverständlich für mich ist, für dich da zu sein. Glaubst du mir das immer noch nicht?“ In seiner Stimme schwang Enttäuschung mit.

Sie senkte beschämt den Kopf. „Doch.“

„Aber?“

„Es gibt kein „aber“, Harm.“ Sie sah ihn an. „Ich weiß nur nicht, wie ich damit umgehen soll.“

Er riss die Augen auf. „Dass ich immer für dich da bin?“ Ihm ging gar nicht auf, dass er sich damit theoretisch für die Zukunft an sie band.

„Immer?“

„Immer.“ nickte er.

„Das ist nun schon das zweite Mal, dass du...“

Die Ankunft ihrer Bestellung unterbrach sie.

„Bitte sehr.“ Die Kellnerin lächelte asiatisch-freundlich.

„Danke.“ Beide Offiziere nickten und begannen zu essen.

Nach ein paar Bissen blickte Harm auf. „Was tue ich das zweite Mal?“

„Es ist das zweite Mal, dass du so etwas sagst.“

„Dass ich WAS sage?“

„Dass du immer für mich da sein willst.“

„Ich WERDE immer für dich da sein, Sarah MacKenzie.“

„Immer?“

Er lachte leise. „Ja, immer.“

„Oh.“ machte sie und wusste erneut nicht, was sie sagen bzw. wie sie damit umgehen sollte. Sie fuhr fort, ihr Menü zu essen.

Harm spürte ihre Verwirrung. „Alles okay?“

„Ja.“ nickte sie kauend. „Aber ich muss nachdenken.“

„Oookay.“ machte er.

Der Rest des Essens verlief dann schweigend.

„Fertig?“ fragte er, als er sein Besteck auf den Teller legte und die Bedienung herbeiwinkte.

Sie nickte. „Mhm.“

„Lass uns heimfahren.“

Nachdem sie gezahlt hatten, fuhren sie zurück nach Georgetown. In ihrer Wohnung begann er dann, seine Sachen zusammenzupacken.

„Ich mache uns noch einen Kaffee, okay?“

„Meinetwegen.“ antwortete er, packte aber weiter.

Mac setzte Kaffee auf und schaute ihm dann zu, wie er seine Sachen verstaute. „Harm?“

„Ja?“

„Bist du sauer?“

Er sah sie an. „Warum sollte ich sauer sein?“

„Na ja, irgendwie schmeiße ich dich ja raus.“

„Maaac...“ Lange sah er sie an, bevor er ihre Hand ergriff und sie mit zur Couch zog. Dort setzte er sich. „Setz dich.“

Sie tat wie geheißen. „Und jetzt?“

„Jetzt erzähle ich dir, warum ich NICHT sauer bin.“

„Sekunde.“ Sie erhob sich wieder. „Ich hole schnell den Kaffee.“

Wenig später kam sie mit zwei Bechern zurück. „Hier.“

„Danke.“ Er nippte an der heißen Flüssigkeit. „Sarah, ich bin nicht sauer oder beleidigt oder so was in der Art. Ich verstehe deine Gründe durchaus. Würden wir uns Weihnachten bei mir treffen, würde ich auch Wert darauf legen, dass alles tiptop ist.“

„Das ist aber doch nicht alles, Harm.“ grinste sie.

„Nein, ist es nicht.“ Er sah sie nicht an – konnte es nicht. „Ich muss mir über ein paar Dinge klar werden, Mac.“

„Welche Dinge?“ So etwas wie Furcht packte sie. <Zieht er sich doch wieder zurück?>

„Über...“ Der Ex-Pilot senkte den Kopf. „... über uns...“

„Über uns?“ echote sie.

„Aha.“

<Guter Gott... bitte nicht...> „Ist das... ahm... positiv oder... hm... negativ gemeint?“

„Eher positiv.“ gab er leise zu.

<Gott sei Dank!> Obwohl sie vor Neugier fast platzte, wollte sie ihm den Freiraum geben, den er anscheinend immer noch brauchte. „Okay.“

„Okay?“ Er sah sie an. Mit einem Blick, der ihr durch Mark und Bein ging. „Mehr fällt dir dazu nicht ein?“

„Doch, aber ich weiß, du brauchst noch etwas Zeit. Und die will ich dir geben. Aber warte nicht zu lange, Flyboy.“

Er lachte leise. „Ich mag die Art, wie du „Flyboy“ sagst.“

„Und ich mag die Art, wie du „Mac“ oder „Sarah“ sagst.“ Sie beugte sich zu ihm. „Und deine Küsse mag ich auch.“ wisperte sie und küsste seine Wange.

Er war versucht, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen – richtig zu küssen. Danach hätte ihr Sofa allerdings etwas sehr Unanständiges erlebt. „Ich mag deine auch... so wie ich dich mag.“

Es kam einem Liebesgeständnis schon sehr, sehr nahe, das wussten beide.

Mac spürte, dass er noch immer nicht 100%ig bereit war, die berühmten drei Worte auszusprechen. Zudem kannte sie ihn gut genug, um zu wissen, dass es zu seinem Selbstverständnis als Mann gehörte, einer Frau zuerst seine Gefühle zu gestehen. <Alpha-Männchen...> schmunzelte sie.

„Was lächelst du?“ fragte er prompt.

Sie grinste frech und sah ihn vielsagend an. „Och, ich denke nur über ein gewisses Alpha-Männchen nach.“

„Okay, schon verstanden.“ lachte er und erhob sich. „Ich muss los, Mac.“

„Warte, ich komm mit runter.“

„Nicht nötig. Lass uns hier oben „bye-bye“ sagen.“ Harm warf seinen Seesack über die Schulter und öffnete die Wohnungstür. „Das Wochenende mit dir war schön, Sarah.“

„Mir hat es auch gefallen, Seemann.“ Unschlüssig stand sie in der Tür. „Wir sehen uns ja schon morgen wieder.“

Harm nickte. „Aha.“ Langsam ging er rückwärts den Flur hinab, da er seinen Blick nicht von ihr lösen konnte.

„Komm her.“ Mac trat auf den Flur hinaus und breitete die Arme aus.

Er kam wieder auf sie zu. „Mac?“

Sie legte die Arme um seine Schultern und zog seinen Kopf zu sich hinab. „Mach’s gut, Harm.“ Dann küsste sie ihn. Nicht auf das Kinn, nicht auf die Wange. Nein, ihre Lippen saugten sich wie vorhin im Park an den seinen fest. Dabei presste sie ihren Körper an seinen; ihre Hände krallten sich in sein dichtes Haar.

<Guter Gott!> Eine Welle der Erregung schoss durch den Ex-Piloten. Er legte beide Hände auf ihre Wangen und schob sanft, aber beharrlich seine Zunge zentimeterweise zwischen ihre Kiefer. Ein leises Stöhnen entfuhr ihm. Erneut war er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.

Ein kräftiger Ruck an seinem Arm brachte ihn wieder zur Besinnung. Sein Seesack war von seiner Schulter gerutscht und gegen ihre Körper geprallt. Erschrocken löste er sich von Mac. „Sorry.“

„Sorry für den Kuss?“ Sie grinste. „Den hab doch ICH angefangen.“

Harm atmete schwer. „Nein... sorry für...“ Er warf den Sack erneut über seine Schulter. „... für das Ding hier.“

„Wir werden es schon noch schaffen... irgendwann jedenfalls.“ kicherte sie, nicht im Mindesten enttäuscht über die Unterbrechung.

„ES?“

„Aha.“ lachte sie. „Einen Kuss OHNE Unterbrechung.“

„Ich kann ihn auch abstellen.“ zwinkerte er. „Dann stört er nicht.“

Sie grinste breit. „Bei unserem Glück passiert dann garantiert was Anderes.“

„Keeter hat schon angerufen.“ grinste er.

„Aber deine Mom noch nicht. Oder deine Großmutter. Vielleicht will sich auch Harriet nach meinem Wohlbefinden erkundigen.“

„Okay, okay.“ Harm lachte lauter. „Wir versuchen es ein andermal.“

„Versprich nichts, was du nicht halten kannst.“

„Noch habe ich nichts versprochen, aber ich warne dich besser mal vor.“

„Du warnst mich vor?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. „Vor einem Versprechen?“

„Nein.“ Langsam schüttelte er den Kopf und sah sie mit einem diabolischen Funkeln in den Augen an. „Eher vor den Konsequenzen des nächsten Males.“

Ihre Kinnlade fiel runter. „HARM!?“

„Bye, Sexy!“ rief er über seine Schulter, als er über den Flur zum Aufzug eilte.


Liebe Grüsse Petra

Kalorien sind kleine Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.

 
Petra-Andreas
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